Kommunalpolitiker
haben das Wort
Eine Ganztagsschule für Straubing
Hoffentlich
wird die Volksschule St. Stephan im nächsten Schuljahr Modellschule für eine
Ganztagsschule. Der Bedarf für diesen Schultyp ist auch in Straubing vorhanden,
ja es wird höchste Zeit, dass so eine Schule bei uns angeboten wird.
Immer mehr Eltern, die beide berufstätig sind, wünschen sich die
Ganztagsschule. Nun kommt auch noch das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler
beim internationalen Schulleistungswettbewerb „Pisa“ hinzu. Die
Notwendigkeit, den Kindern auch am Nachmittag pädagogische Angebote zu
machen, wird heute praktisch von niemand mehr bestritten. Trotzdem schaut es in
Bayern mit der Ganztagsschule ziemlich finster aus.
Traurig aber wahr: Der Wunsch vieler Eltern nach Ganztagsschulen trifft auf ein
kümmerliches Angebot. Das Defizit in Bayern ist offenkundig. Von den rund 5000
Schulen im Freistaat werden nur 2 staatliche und 27 private Schulen ganztägig
geführt.
Das arme Bundesland Brandenburg will 80 sogenannte gebundene Ganztagsschulen
errichten, in denen der Staat für den Nachmittagsunterricht aufkommt - in
Bayern hingegen wird versucht, die Lasten der Nachmittagsbetreuung auf die
Kommunen abzuwälzen.
Mit Recht protestiert der Präsident des Bayerischen Städtetags, CSU-Oberbürgermeister
Josef Deimer, gegen diese Form der Arbeitsteilung, bei der die Staatsregierung für
die schönen Ankündigungen und die Kommunen für die finanziellen Lasten zuständig
sein sollen. Wie im Straubinger Tagblatt vom 11. Dezember. zu lesen war,
schleicht sich der Freistaat bei dem Modellversuch in Alburg wieder nur mit
einem 40-Prozentzuschuss davon. Den größeren Anteil müssen die Eltern (20%)
und die Stadt Straubing (40 %) bestreiten.
Wie ebenfalls in diesem Artikel zu lesen war, ist noch nicht ganz sicher wie das
Angebot einer Ganztagsbetreuung an den bayerischen Schulen aussehen soll.
Man unterscheidet zwei Typen von Ganztagsschulen: Die gebundene Ganztagsschule
(der verpflichtende Unterricht wird auf Vor- und Nachmittage verteilt) und die
offene Ganztagsschule (verpflichtende Unterrichtszeit vorwiegend an Vormittagen,
nach Unterrichtszeit freiwilliger Mittagstisch, freiwillige
Hausaufgabenbetreuung unter Lehreranleitung, nachmittags Arbeitsgemeinschaften
und Kurse, sowie Neigungsgruppen). Ich stimme mit dem Schulleiter Herrn
Pannermayr völlig überein, dass für Straubing eigentlich nur eine offene
Ganztagsschule in Frage kommen kann. Oberstes Gebot muss die Freiwilligkeit
sein. Sowohl für die Eltern, die ihre Kinder an diese Schule schicken wie auch
für die Kinder, die das Nachmittagsangebot der Schule annehmen sollen. Aber
auch eine Abordnung von Lehrkräften gegen deren Willen an die Ganztagsschule wäre
für alle Seiten inakzeptabel. Die Ganztagsschule kann nur dann ein Erfolg
werden, wenn dieses Angebot nicht nur von den Eltern gewünscht, sondern auch
von ihren Kindern angenommen wird. Die Ganztagsschule darf zu keiner
Auffangeinrichtung für benachteiligte Kinder und Jugendliche werden, sondern
muss alle SchülerInnen ansprechen.
Für einen Ausbau zur Ganztagsschule bieten sich meiner Meinung nach alle
Schularten des allgemein bildenden Schulwesens an. Eine Konzentration der
Ganztagsangebote auf die Hauptschulen, wie sie in Bayern angedacht ist, ist
nicht zu rechtfertigen.
Die Ganztagsschule versteht sich nicht als Alternative zum Hort deren
Fortbestand ist deshalb nicht in Frage gestellt.
Was die Stadt für die Nachmittagsbetreuung leisten
kann, wird auch getan. So wurden allein in diesem Jahr drei neue Horte (auch
Hauptschulhorte) eröffnet. Was Betreuungsmöglichkeiten angeht, nimmt Straubing
mit 11 Schulhorten mit insgesamt 350 Plätzen eine Spitzenposition in Bayern
ein.
Die Stadt engagiert sich. Aber Josef Deimer, der Städtetagspräsident, hat
schon Recht: Der Staat darf sich seiner Pflicht, für ein zeitgemäßes
Schulangebot auch am Nachmittag zu sorgen, nicht entziehen.
Peter
Euler, Lehrer
und Stadtrat (SPD)
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